Samstag, 6. April 2013

Die Bedeutung der GaOP für mich

In einem der letzten Postings wurde ich gefragt, was denn überhaupt im Rückblick für mich die GaOP bedeutet. Ich habe es noch einmal nachgelesen, an der ein oder anderen Stelle im Blog habe ich vielleicht einzelne Aspekte angedeutet, das aber nicht wirklich reflektiert. Das möchte ich heute nachholen

Anfangen möchte ich mit einer negativen Abgrenzung: Von vielen anderen Betroffenen weiß ich, dass sie nach der GaOP jubeln: Endlich Frau! Ich glaube auch, dass viele Begegnungen der letzten Wochen, persönlich oder auch über das Internet, implizit ein solches Fühlen bei mir vorausgesetzt haben. Aber: So empfinde ich es jedenfalls nicht. Mein Frau-Sein existiert unabhängig von meinem Genital: Unbewusst immer schon – das Thema hat mich seit meiner Jugend immer wieder in unterschiedlichsten Zusammenhängen beschäftigt. Bewusst seit ein paar Jahren, insbesondere natürlich nach meinem Outing und meinem vollständigen Wechsel vor 1½ Jahren. Nein, mein Frau-Sein ist eine innere Gewissheit, die ganz unabhängig von der GaOP einfach da ist. Und die ich (endlich!) in den letzten 1½ auch ausleben durfte. Diese Gewissheit fühle ich als nicht teilbar oder vermehrbar, so bin ich mir meinem Frau-Sein auch mit Vagina nicht bewusster als vorher.

Und noch etwas sei angemerkt: Gerade jetzt, wenige Wochen nach der GaOP, fühlt es sich zwischen den Beinen „voller“ an als vorher. Das ist wohl erst einmal damit zu erklären, dass auch 7 Wochen nach der OP der ganze Bereich immer noch ziemlich geschwollen ist, zum anderen, weil aus der Haut des Penis ja jetzt die Innenseite der großen und die kleinen Labien gebildet wurden. Hält man die Beine geschlossen wird leichter Druck von außen ausgeübt, durch den „Umbau“ fühlt sich das dann zeitweise ein wenig „eingeengt“ an. Hinzu kommen zeitweise leichte Wundschmerzen - es ist auch noch lange nicht alles völlig abgeheilt.
Und so ist das ein erst mal ein gar nicht so normales (weibliches) Gefühl. Bis das Gefühl als neues Körpergefühl unauffällig normal ist wird es wohl noch ein paar Monate dauern. Dazu muss die Wundheilung erst mal abgeschlossen sein und die Schwellungen ganz raus sein.

Vor der GaOP habe ich sowohl in meinem Antrag bei der Krankenkasse als auch in Gesprächen mit meinem Therapeuten eher intrinsische Gründe, also welche, die in mir selbst liegen, angeführt. Ich habe ein gefühltes Selbstbild von mir – schon immer gehabt. Gerade auch in Bezug auf das geschlechtlich Erleben habe ich mich immer schon als Frau gefühlt, das war mir auch sehr bewusst. Und dieses innere Bild von mir, das Kopfkino, ist für mich das wirklich Entscheidende. Beim Blick in den Spiegel, sowohl sinnbildlich als auch real, stößt dieses innere Bild auf eine ganz andere Realität. Da ist etwas an mir, was da nicht hingehört und von mir auch anders empfunden wird. Diese gefühlte Differenz zwischen dem inneren Selbstbild und der äußeren Erscheinung war die Triebfeder für meine Entscheidung, die GaOP durchführen zu lassen. Ich wollte mich in meiner eigenen inneren geschlechtlichen Wahrnehmung nicht mehr der dieser Zerrissenheit aussetzen.

Nun, einige Wochen nach der OP kann ich sagen, dass dies in Hinblick auf die GaOP auch gelungen ist. Wenn ich mich bei der Nachsorge anfasse (andere Spielereien sind ja noch nicht erlaubt!) dann ist alles da, wo es auch hingehört. Und auch beim Blick in den Spiegel (der für mich immer auch sinnbildlich für das innere Empfinden ist) ist alles so, wie ich es auch für mich empfinde. Da bin ich jetzt eins mit mir.
 
Das ist für mich die tiefste Bedeutung der GaOP. Alle anderen Gründe (Schwimmbad, Sauna etc.) sind dagegen eher nebensächlich, wenngleich auch vorhanden.

Aber eins ist mir auch klar: Das wird nicht meine letzte OP sein. Genauso wichtig wie die GaOP ist für mich der Brustaufbau. Leider hat da bei mir die Hormontherapie kaum etwas bewirkt. Nach mehr als anderthalb Jahren HRT bin ich von von irgendeiner Körbchengröße noch meilenweit entfernt – da habe ich auch keine wirkliche Hoffnung mehr, dass ich sich das grundsätzlich ändert. Also wird es wohl Ende des Jahres noch einen Brustaufbau geben… Ein weiterer Baustein zum eins werden mit mir selbst.

Das Dritte ist das Gesicht. Ungeschminkt und mit verdeckten Haaren ist das immer noch ein ganz klar männliches Gesicht. Auch mit Makeup und einer schönen Frisur ändert sich das auch nur auf eine gewisse Entfernung. Eine FFS ist aber das, was am wohl am Schwierigsten durchzusetzen sein wird. Umgekehrt ist es aber auch genau das, womit ich mich tatsächlich ständig in der Öffentlichkeit bewege. Unter meinen Rock schaut normalerweise niemand, in der Wahrnehmung anderer macht eine GaOP im normalen Alltag keinen Unterschied. Das Gleiche gilt für die Brust: Ob ich nun eine Prothese anziehe oder ein Implantat trage: Nach außen ist das erst mal gleich. Natürlich mit Einschränkungen: Schwimmen, Strand, Sauna etc. sind aber nicht der normale Alltag.

In jeder Begegnung zeige ich aber mein Gesicht. Und ich werde damit auch von anderen unmittelbar wahrgenommen. Leider immer wieder als Mann, nicht als Frau. Die Reaktionen auf der Straße sind da eindeutig. Es ist nur eine kleinere Anzahl von Menschen, die das bemerken und dann tuscheln oder lachen – aber das tut dann schon besonders weh. Ob ich diesen dritten Schritt je realisieren kann? Ich weiß es nicht, vielleicht muss es ein Traum bleiben…

Eine Freundin hat mal gesagt: Die GaOP ist die geschlechtsangleichende Operation für das eigene Selbst. Die FFS ist die geschlechtsangleichende Operation für das soziale Umfeld. Und für mich selbst, würde ich ergänzen. Und auch die Reaktionen des sozialen Umfelds haben ja auch wieder Einfluss auf mich selbst. Und sie führen mir die Differenz zwischen dem inneren Ich und der äußeren Wahrnehmung immer wieder schmerzlich vor Augen.
 
Ganz wird sich diese Differenz auch nicht schließen lassen. Mit der erfolgten GaOP und dem noch folgenden Brustaufbau sind aber ganz wesentliche Schritte getan, um diese innere Differenz auf ein für mich erträgliches Niveau zu beschränken.

Mittwoch, 3. April 2013

Back to work

Urlaub vor dem Abflug und die Osterfeiertage mitgerechtet habe ich am Osterdienstag nach knapp 8 Wochen wieder meine Arbeit aufgenommen. Das ist die mit weitem Abstand längste Zeit, die ich je arbeitsunfähig gewesen bin.
 
Nicht nur eine meiner Mitarbeiterinnen sagte mir, dass ich erstaunlicherweise erholt aussähe, damit hätten sie gar nicht gerechnet. Ich habe es anderer Stelle auch schon geschrieben: Damit hätte ich auch nicht gerechnet. Aber es ist tatsächlich so. Bei allen Einschränkungen, die als Folge der GaOP erst mal zu verkraften sind, habe ich mich wirklich erholt. Noch vor einem halben Jahr habe ich mit meinem Therapeuten darüber gesprochen, dass es sicher sinnvoll wäre, im Rahmen einer Kur oder medizinischen Maßnahme einfach mal aus allem raus zu sein. Und ich habe die Notwendigkeit auch gesehen, mich aber vor einer weiteren geplanten Fehlzeit gedrückt. In Gedanken kam das auch im Jahr 2013 nicht vor. 
Nun hatte ich in den 4 ½ Wochen in Thailand all das: Raus aus der Arbeit und auch raus aus den Verpflichtungen der Familie. Natürlich gab es in Thailand keine Anwendungen, wie sie in einer Kur durchgeführt würden. Obwohl, wenn ich da in der zweiten Hälfte so an meine Fussmassagen denke…
 
Die GaOP hatte mich vor allem körperlich beeinträchtigt. Die OP selbst mit der doch langen Narkose, die hohe Medikation mit Schmerzmitteln, die 5 Tage strenge Bettruhe, 2 weitere Tage mit wenig Aufstehen, all das wirft einen körperlich erst mal ziemlich zurück. Ich habe es aber geschafft (und das wird wohl auch aus den Postings der Krankenhauswoche deutlich), mich mental sehr gut zu fühlen. Die gesamte Situation habe ich Stunde für Stunde genossen, so schräg sich das auch anhört. Ich denke, dass hat einen wesentlichen Einfluss darauf, dass ich nunmehr tatsächlich umfassend erholt bin. Und auch die körperliche Heilung verlief dann dementsprechend schnell.
 
In die Arbeit selbst bin ich schnell wieder rein gekommen. Es gibt ja nicht wirklich umfassend Neues hier. Die Arbeit mache ich seit nunmehr knapp 13 Jahren – da holen einen 8 Wochen Abwesenheit nicht wirklich raus. Aber ich freue mich Stück für Stück wieder die grundsätzlichen Dinge aufzunehmen, die jetzt erst mal geruht haben. 
 
Merken tue ich die Belastung schon. Mit Fahrzeit bin ich knapp 11 Stunden unterwegs. Die Arbeitstage sind sehr lang, ich bin um 4:30 aufgestanden und gegen 21:30 Uhr wieder ins Bett gegangen. Und viel Lücke für mich ist da nicht mehr. Morgens und mittags jeweils dilaten, das dauert jetzt auch mit allem drum und dran eine knappe Stunde. Es bleibt morgens eine halbe Stunde fürs Frühstück mit Zeitung, abends 1 ½ Stunden für Familie und sonstige Kontaktpflege. Das war’s. Und das wird sich in den nächsten 5 Monaten auch nicht grundlegend ändern. Ab nächste Woche kommen noch die Kinder dazu, die wieder in die Schule und den Kindergarten gehen, dann werde ich wohl noch eine halbe Stunde eher aufstehen müssen. 
Ich hoffe nur, dass ich mir viel von meiner Ausgeglichenheit und Erholung über diese Zeit erhalten kann. So schnell wird es 4 ½ Wochen Thailand nicht mehr geben… Und auf eine Kur habe ich nicht wirklich Lust.