In einem der letzten Postings wurde ich gefragt, was denn
überhaupt im Rückblick für mich die GaOP bedeutet. Ich habe es noch
einmal nachgelesen, an der ein oder anderen
Stelle im Blog habe ich vielleicht einzelne Aspekte angedeutet, das
aber nicht wirklich reflektiert. Das möchte ich heute nachholen
Anfangen möchte ich mit einer negativen Abgrenzung: Von vielen
anderen Betroffenen weiß ich, dass sie nach der GaOP jubeln: Endlich
Frau! Ich glaube auch, dass viele Begegnungen
der letzten Wochen, persönlich oder auch über das Internet, implizit ein
solches Fühlen bei mir vorausgesetzt haben. Aber: So empfinde ich es jedenfalls
nicht. Mein Frau-Sein existiert unabhängig von meinem Genital: Unbewusst
immer schon – das Thema hat mich seit meiner
Jugend immer wieder in unterschiedlichsten Zusammenhängen beschäftigt.
Bewusst seit ein paar Jahren, insbesondere natürlich nach meinem Outing
und meinem vollständigen Wechsel vor 1½ Jahren. Nein, mein Frau-Sein ist
eine innere Gewissheit, die ganz unabhängig
von der GaOP einfach da ist. Und die ich (endlich!) in den letzten 1½
auch ausleben durfte. Diese Gewissheit fühle ich als nicht teilbar oder
vermehrbar, so bin ich mir meinem Frau-Sein auch mit Vagina nicht
bewusster als vorher.
Und noch etwas sei angemerkt: Gerade jetzt, wenige Wochen nach der GaOP, fühlt
es sich zwischen den Beinen „voller“ an als vorher. Das ist wohl erst
einmal damit zu erklären, dass auch
7 Wochen nach der OP der ganze Bereich immer noch ziemlich geschwollen
ist, zum anderen, weil aus der Haut des Penis ja jetzt die Innenseite
der großen und die kleinen Labien gebildet wurden. Hält man die Beine
geschlossen wird leichter Druck von außen ausgeübt,
durch den „Umbau“ fühlt sich das dann zeitweise ein wenig „eingeengt“
an. Hinzu kommen zeitweise leichte Wundschmerzen - es ist auch noch lange nicht alles völlig abgeheilt.
Und so ist das ein erst mal ein gar nicht so normales (weibliches) Gefühl. Bis das Gefühl als
neues Körpergefühl unauffällig normal ist wird es wohl noch ein paar
Monate dauern. Dazu muss die Wundheilung erst mal
abgeschlossen sein und die Schwellungen ganz raus sein.
Vor der GaOP habe ich sowohl in meinem Antrag bei der
Krankenkasse als auch in Gesprächen mit meinem Therapeuten eher
intrinsische Gründe, also welche, die in mir selbst
liegen, angeführt. Ich habe ein gefühltes Selbstbild von mir – schon
immer gehabt. Gerade auch in Bezug auf das geschlechtlich Erleben habe ich
mich immer schon als Frau gefühlt, das war mir auch sehr bewusst. Und dieses
innere Bild von mir, das Kopfkino, ist für mich
das wirklich Entscheidende. Beim Blick in den Spiegel, sowohl
sinnbildlich als auch real, stößt dieses innere Bild auf eine ganz
andere Realität. Da ist etwas an mir, was da nicht hingehört und von mir auch anders
empfunden wird. Diese gefühlte Differenz zwischen dem inneren
Selbstbild und der äußeren Erscheinung war die Triebfeder für meine
Entscheidung, die GaOP durchführen zu lassen. Ich wollte mich in meiner
eigenen inneren geschlechtlichen Wahrnehmung nicht mehr der dieser
Zerrissenheit aussetzen.
Nun, einige Wochen nach der OP kann ich sagen, dass dies in
Hinblick auf die GaOP auch gelungen ist. Wenn ich mich bei der Nachsorge
anfasse (andere Spielereien sind ja
noch nicht erlaubt!) dann ist alles da, wo es auch hingehört. Und auch
beim Blick in den Spiegel (der für mich immer auch sinnbildlich für das
innere Empfinden ist) ist alles so, wie ich es auch für mich empfinde.
Da bin ich jetzt eins mit mir.
Das ist für mich die tiefste Bedeutung der GaOP. Alle anderen Gründe (Schwimmbad, Sauna etc.) sind dagegen eher nebensächlich, wenngleich auch vorhanden.
Aber eins ist mir auch klar: Das wird nicht meine letzte OP
sein. Genauso wichtig wie die GaOP ist für mich der Brustaufbau. Leider
hat da bei mir die Hormontherapie kaum
etwas bewirkt. Nach mehr als anderthalb Jahren HRT bin ich von von irgendeiner
Körbchengröße noch meilenweit entfernt – da habe ich auch keine
wirkliche Hoffnung mehr, dass ich sich das grundsätzlich ändert. Also
wird es wohl Ende des Jahres noch einen Brustaufbau
geben… Ein weiterer Baustein zum eins werden mit mir selbst.
Das Dritte ist das Gesicht. Ungeschminkt und mit verdeckten
Haaren ist das immer noch ein ganz klar männliches Gesicht. Auch mit
Makeup und einer schönen Frisur ändert
sich das auch nur auf eine gewisse Entfernung. Eine FFS ist aber das,
was am wohl am Schwierigsten durchzusetzen sein wird. Umgekehrt ist es
aber auch genau das, womit ich mich tatsächlich ständig in der
Öffentlichkeit bewege. Unter meinen Rock schaut normalerweise
niemand, in der Wahrnehmung anderer macht eine GaOP im normalen Alltag
keinen Unterschied. Das Gleiche gilt für die Brust: Ob ich nun eine
Prothese anziehe oder ein Implantat trage: Nach außen ist das erst mal
gleich. Natürlich mit Einschränkungen: Schwimmen,
Strand, Sauna etc. sind aber nicht der normale Alltag.
In jeder Begegnung zeige ich aber mein Gesicht. Und ich werde
damit auch von anderen unmittelbar wahrgenommen. Leider immer wieder als
Mann, nicht als Frau. Die Reaktionen
auf der Straße sind da eindeutig. Es ist nur eine kleinere Anzahl von
Menschen, die das bemerken und dann tuscheln oder lachen – aber das tut
dann schon besonders weh. Ob ich diesen dritten Schritt je realisieren
kann? Ich weiß es nicht, vielleicht muss es
ein Traum bleiben…
Eine Freundin hat mal gesagt: Die GaOP ist die
geschlechtsangleichende Operation für das eigene Selbst. Die FFS ist die
geschlechtsangleichende Operation für das soziale
Umfeld. Und für mich selbst, würde ich ergänzen. Und auch die Reaktionen
des sozialen Umfelds haben ja auch wieder Einfluss auf mich selbst. Und
sie führen mir die Differenz zwischen
dem inneren Ich und der äußeren Wahrnehmung immer wieder schmerzlich
vor Augen.
Ganz wird sich diese Differenz auch nicht schließen lassen. Mit der erfolgten GaOP und dem noch folgenden Brustaufbau sind aber ganz wesentliche Schritte getan, um diese innere Differenz auf ein für mich erträgliches Niveau zu beschränken.
Ein echter guter Grundlagentext, viel mehr als nur ein Statement zur Gaop! Wow. Die Unterscheidung zwischen "eigenes Selbst" und Öffentlichkeit bei dem Maßnahmenkatalog zur Angleichung an dein inneres und äußeres Frauenbild gefällt mir. Was ich mich noch gefragt habe und was für mich sehr entscheidend ist, wie stehst du zur Stimme eines Menschen?
AntwortenLöschenNeben dem Verhalten/Habitus und dem Gesicht mit seiner Mimik ist für mich die Stimme/Modulation beim Sprechen etwas ganz Entscheidendes.
Viel Glück weiterhin auf deinem Weg.
Liebe Marilette,
Löschenvielen Dank für Deinen netten Kommentar. Leider komme ich erst jetzt dazu ihn zu veröffentlichen und eine Antwort zu schreiben.
Mit der Stimme sprichst Du einen ganz wunden Punkt bei mir an. Meine bisherige Transistion habe ich mit eine doch sehr männlichen Stimme gemacht. 10 Stunden Logopädie hatten Null Erfolg (hätten vielleicht mehr sein müssen, aber das ist ja alles sehr zeitaufwändig). Eine Stimmband-OP käme für mich nie in Frage. Das letzte Beispiel, was ich kenne hat lediglich die Stimme um einen Ton erhöht - immer noch männlich. Dafür viel Volumen verloren, die Stimme ist alles andere als natürlich. Nein, das würde ich nie machen lassen. Meines Erachtens ist das alles noch wenig ausgereift bzw. mit hohen Risiken verbunden.
Ich mache im Moment ein Selbstlerntraining "Finding your female voice". Da kenne ich mehrere, die einen super Erfolg damit hatten. Das ist zwar auch viel Überei, aber das werde ich irgendwann schaffen.
Die Hoffnung habe ich noch lange nicht aufgegeben.