Freitag, 25. Januar 2013

28. Januar 2011: Pressemitteilung über ein BVG-Urteil mit Folgen...

Am 29.01.2011 fand sich in unserer Tageszeitung ein kleiner Artikel, in dem von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2011 berichtet wird, siehe hier. Eine lesbische Berliner Transfrau hatte dagegen geklagt, dass Sie keine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen kann, weil sie sich keiner GaOP unterziehen lassen wollte. Dafür wäre eine Personenstandsänderung notwendig gewesen, die aber eine Operation voraussetzen würde. Sie wurde auf die Möglichkeit einer bürgerlichen Ehe hingewiesen, wogegen Sie geklagt hat.

Dieser kleine Zeitungsausschnittt, wirklich nur ein paar Zeilen, traf mich bis ins Mark. Ich riss ihn sofort aus und verbrachte den kompletten Tag im Internet. Da gab es doch tatsächlich eine lesbische Transsexuelle wie ich!!!

In den Jahren zuvor habe ich immer dann, wenn ich von Transsexuellen irgendwo gelesen habe, das nie wirklich auf mich bezogen. Ich habe zwar Damenwäsche getragen - klar. Im Internet fand ich dazu das Kürzel DWT - Damenwäscheträger. Das war ich, aber es wollte doch nicht so recht zu mir passen. Aber transsexuell? Ich doch nicht. 
Dann fand ich Hinweise auf den Fetischistischen Transvestitismus. Das wollte ja gar nicht zu mir passen - mit sexueller Erregung hatte das bei mir nichts zu tun. Alles was ich fand traf meine seelische Identität nicht wirklich.
Aber transsexuell? Ich doch nicht. Dachte ich.

Falsch gedacht. Der Gedanke ließ mich doch nicht mehr los. Im Laufe der Jahre 2009 und 2010 wurde es langsam zur Gewissheit: Ich bin wirklich transsexuell. Nur das entsprach wirklich meinem eigenen Empfinden. Aber raus war es noch lange nicht. Ich habe mit Kleinigkeiten angefangen. Ich wollte Ohrringe. Ich habe im April 2011 klemmende Ohradapter probiert. Nach einem Tag waren meine Ohren taub und es gab einen kreisrunden blauen Fleck auf dem Ohrläppchen. Ging so nicht. Also musste ich mir welche stechen lassen, was ich geradezu generalstabsmäßig plante. Im September erst mal ein Bauchnabelpiercing. Nicht ganz altersgerecht, aber typisch weiblich (Männer tragen das nicht) und man kann es im normalen Leben nicht sehen. Am 11.11.11 dann die Ohrlöcher. Endlich. Aber es machte den Schmerz noch viel stärker als dass es Linderung brachte. Das reichte mir nicht.
Aber was hinderte mich noch? Transsexualität ist extrem selten und homosexuelle Menschen stellen zumindest auch einen Minderheit von rund 5% der Gesamtbevölkerung dar. Beides sollte bei mir zusammenkommen? Wem hätte ich mich denn mit dieser Story anvertrauen können? Ich hatte nur Angst mich restlos lächerlich zu machen. So dachte und fühlte ich.
Falsch gedacht und das Gefühl hat getrogen.
Da gab es jetzt diese lesbische Transfrau in Berlin. Lesbisch und Transsexuell. Wie ich. Das hat mich umgehauen. Es hat wirklich bis zu diesem Tag vor zwei Jahren gedauert bis ich erkannte, dass lesbische Transfrauen eher die Regel sind als Ausnahmen... Mein Gott, wie blind bin ich eigentlich gewesen! 
Aber nun konnte ich mich anderen anvertrauen. Und jetzt war meine Suche im Internet auch erfolgreich. Ich fand dgti wo es viele gute Informationen gab. Ich fand einige Foren, in denen ich erstmal nur gelesen habe. Und ich fand txkoeln, eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe. Jetzt war endlich der Weg frei - mein Weg, der mich nun in gut zwei Wochen nach Chonburi zu meiner GaOP führen wird. Zwei Jahre nachdem mein Weg so richtig begann.

2 Kommentare:

  1. Hallo Sandra,

    die Meldungen im Januar 2011 dass der OP-Zwang wegfiel hat vielen den Einstieg erleichtert.

    Dass TS "extrem selten" ist mag ich so nicht stehen lassen, das Williams Institute der UCLA geht von 0,3% aus und bezogen auf Deutschland wären das rund 250.000 Menschen. Eigentlich jeder der öfters mal vor die Tür geht dürfte schon mal welche von uns gesehen haben - und meist gar nicht richtig wahrgenommen haben, denn selten oder nicht, wir sind ganz normale Menschen.

    LG Corinna ;)

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    1. Hallo Corinna,

      TS war für mich zum damaligen Zeitpunkt "extrem selten" - nicht objektiv, sondern in meinem Erleben. Ich habe mich damit allein gefühlt und konnte mich niemanden öffnen. Keine Ahnung, ob ich je vorher live einer transidenten Person begegnet bin - wahrscheinlich schon. Sicher aber nicht bewußt.
      Was mich gehemmt hat war schlicht und ergreifend Angst. Aus heutiger Sicht überflüssig - aber vor 2 Jahren?
      Mit dem besagten Zeitungsschnipsel ist bei dieser Knoten geplatzt - Gott sein dank.

      Liebe Grüße

      Sandra

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