Mittwoch, 5. März 2014

Buenos Aires - ein Moloch von Stadt

Der erste Eindruck von oben

Beim Anflug habe ich gleich dank meines Fensterplatzes einen guten Eindruck von Buenos Aires bekommen. Das fängt mir der gewählten Flugroute an. Die führt nämlich fast genau über die Stadtmitte. Bis zum Flughafen sind es zwar noch rund 30 km, aber wirklich hoch fliegen tun die da nicht mehr. Warum tun die sich diese Lärmbelastung an?


Der rote Pfeil markiert ungefähr den
Standort unseres Appartements.
Das zweite ist das Straßenlabyrinth von Buenos Aires. Bei uns ähneln die Städte eher Zwiebelschalen. In der Mitte das Zentrum und dann baut sich das Ganze in mehr oder weniger konzetrischen Kreisen auf. Anders hier. Hier ist alles im Schachbrettmuster  angeordnet. Aber nicht nur wie ein Schachbrett. Es sieht eher so aus, als ob von einer großen Schule alle Schüler ein Schachbrett mitgebracht haben und die dann aneinanderlegen. Die Schüler der einzelnen Klassen haben eine etwas andere Ausrichtung, aber im Grunde geht es einfach immer weiter. Es ist einfach gigantisch. Und dabei kann man auf dem Foto ja nur einen sehr kleinen Teil von Buenos Aires sehen. Letztlich erstreckt sich die Stadt bis zum Flughafen hin, der immerhin rund 30 km im Landesinneren liegt. Buenos Aires hat selbst knapp 3 Millionen Einwohner auf 202 km². Das sind 13800 Einwohner pro km². Zum Vergleich: Berlin hat 892 km² und 3,4 Mio. Einwohner. Das entspricht einer Dichte von 3811 Einwohnern pro km².
Im Großraum Buenos Aires (der sich eigentlich ziemlich nahtlos an die eigentliche Stadt anschließt) sind es 13 Millionen. Das ist ein Drittel der Bevölkerung von Argentinien. Hier liegen auch sehr großflächtige Slumgebiete.

In der Stadt unterwegs

Ein ist ja schon mal klar: Eine Stadt dieser Größenordnung kann man nicht mal eben erkunden. Und dabei war ich schon ziemlich viel unterwegs. Wir wohnen im Stadtteil Belgrano, einer der größeren Stadteile. Hauptstraße ist die Avenida Cabildo, von der wir 3 Sraßenblocks entfernt wohnen. Alleine die Erschließung der näheren Umgebung um die Einkaufsmöglichkeiten zu erkunden kann in stundenlange Spaziergänge durch die Stadt führen. Grün gibt es dabei nur selten. Gefühlt einer von 100 Blocks in der Stadt ist eine kleine Grünfläche. Davon ca. ein viertel ein liebloser Kinderspielplatz, ein Denkmal in der Mitte und der Rest versucht grün zu sein. Was überwiegend nur den Bäumen gelingt. Auf dem was da Rasenfläche sein soll tummeln sich dutzende von Hunden. Das lädt alles nicht wirklich zum Verweilen ein.
Gestern bin ich dann mal bis zum Meer gelaufen. Das sind rund 3 km Luftlinie. Und vom Meer aus zu Miriam ins Krankenhaus, das waren gut 4 km. Dann noch ein wenig hin und her, da dürften 10 km zusammen gekommen sein. Und bin doch im Grunde nur halb durch Belgrano gelaufen. Gerne würde ich mal vom Punkt, wo ich am Meer war, bis in die Stadt rein laufen. Das sind dann aber auch noch mal rund 10 km, und in den nächsten biden Wochen bin ich wahrscheinlich etwas indisponiert für sowas.

Die Einteilung der Blocks

Interessant erscheint mir die Einteilung der Stadt in Blocks. Jeder Block hat eine Kantenlänge von rund 100m. Und wird ganz stur druchgehalten. Die Hausnummern richten sich nach den Metern, die das Haus zwischen den Blocks liegt. Dabei werden die Straßen alle über die volle Länge durchnummeriert. Unser Appartement liegt in der "Doctor Pedro Ignacio Rivero" und hat die Hausnummer 2768. Eine Besonderheit gibt es bei den Ost-West-Richtung verlaufenden Straßen. Deren Nummerierung beginnt nicht an deren Anfang, sondern am Meer. Die ersten 600m sind Park, so dass die ersten Häuser mit den Hausnummern oberhalb von 600 beginnen. Unser Haus liegt also ca. 2768 vom Meer entfernt. Das funktioniert, weil die Blocks fast alle gleich liegen. Manchmal liegen die ein wenig schräg, ich vermute mal, dass in diesen Blocks die Meter ein wenig länger oder kürzer sind. 

Unsere Strasse Doctor Pedro Ignacio Rivera
Bebaut sind die Block praktisch von allen Seiten. Die eigentlich Grundstücke sind dabei meist sehr schmal (10 m oder auch mal weniger). Gebaut wird n der Regel Wand an Wand. Und dann kommt es auch schon mal vor, dass ein nettes Einfamiienhaus rechts und links an 14-stöckige Hochhäuser angebaut sind. Idyllisch, oder? DieHochhäuser ragen meist tief in die Grundstücke hinein. Teilweise werden dann in den Häusern kleine Innenhöfe gelassen, um den Wohnungen ein wenig mehr Fenster zu ermöglichen. Auch Idyllisch, denn in 4-5 m Entfernung vor dem Fenster ragt das nächste Haus unter Umständen noch 14 Stockwerke in die Höhe. Auch das ist nicht wirklich das, was ich unter eine schönen Aussicht verstehe.

Avenida Cabildo
Zur Rush-Hour wird es hier natürlich sehr voll und extrem laut. Wie in den meisten anderen großen südländisch geprägten Städten auch gehört die Hupe zu den (Überlebens-)wichtigsten Aggregaten, die die Autos so zu bieten haben. Gestern abend bin ich mit dem Taxi von Miriam nach Hause gefahren, da gab es auch so eine Situation. Ein Auto hielt ziemlich in der Mitte der Strasse um Passanten nach dem Weg zu fragen. Es war genug Platz um an dem Auto vorbei zu fahren. Trotzdem musste der Taxifahrer ein schier endlose Huporgie veranstalten. Um dann anschließend lachend deutlich zu machen wie toll er doch sei. Oh je...

Die Menschen


Es ist natürlich schwer etwas dazu zu sagen, ohne die Landessprache zu sprechen. Was mir aufgefallen ist sind zweierlei Dinge: Ich kann mich hier recht unbefangen bewegen. Ich falle auf, aber wohl eher wg. der Größe. Sehr selten gibt es die Ellbogenstupserei oder Flüsterei mit neugierigem Umdrehen. So gesehen fühlt sich das erst mal sehr normal an. Kann aber auch daran liegen, dass ich ja nichts von dem verstehe, was die Leute hier miteinander sprechen.
Englisch-Kenntnisse sind eher die Ausnahme. Eigentlich seltsam für eine Weltstadt, in die sich ja nun auch genug Touristen verirren.
Aus den Gesprächen mit Mercedes und Dr. Di Maggio ergibt sich aber durchaus ein Eindruck, dass die nicht gerne hier leben.
Internet? Zu langsam. "Welcome to Argentina". Dabei ist es außerordentlich schnell, mein Netbook ist halt nur lahm...
"Too much Corruption here." O.k. Aber wie war das noch mit dem Glashaus?
Die eigene Währung wird so gering geschätzt, dass privat Kurse geboten werden, die um 30% über den offiziellen liegen.
Es mag daran liegen, dass manche Dinge hier eben nicht so sind wie in Europa oder vor allem in den USA (die das große Vorbild sind). Das Obst in den Auslagen hat teilweise mehr als nur macken, teilweise ist es richtig verdorben. An vielen Stellen und fast in jedem Block sieht die Stadt alles andere als Attraktiv aus. Die Straßen sind häufig verstopft. usw. usw.
Mir scheint es allerdings auch so zu sein, dass hier die Zustände in anderen Ländern stark idealisiert werden. Wie dem auch sei - irgendwie fühlt sich das komisch an.

Preise

Ein letztes Wort zum Verkehr hier. Es gibt einige wenige U-Bahn-Linien sowie einzelne Eisenbahnverbindungen durch die Stadt. Ausprobiert habe ich die noch nicht. Aber eine Fahrt mit der U-Bahn kostet $ 3,50. Argentinische Dollar, nicht amerikanische. Das sind umgerechnet - 25 Cent! Und die Taxi-Fahrt vom Krankenhaus zu unserem Appartement hat mich gestern abend $ 35 gekostet. Das sind 2,50 €. Entfernung: Rund 3 km. Dafür wäre das Taxi bei uns nicht einmal losgefahren.
Also der öffentliche Nahverkehr ist unschlagbar günstig. Genauso wie Sprit. Der Liter Diesel für umgerechnet 70 Cent. Ach hätten wir das doch auch so...

Leider kann man hier vom U-Bahn fahren und Tanken nicht leben. Sonst wäre es echt ein Schnäppchen. Die Lebensmittelpreise unterscheiden sich aber gar nicht von denen bei uns. Und das auch nur bei dem günstigen Tauschkurs. Nach offiziellen Kursen ist das Leben hier sehr sehr teuer.

Leben hinter Gittern?

Bei jedem Blick aus dem Fenster oder beim Bummeln in den Straßen wird es deutlich: Die Menschen hier leben in der ständigen Angst vor Einbrücken. Überall sind Gitter, Ketten, schwere Vorhängeschlösser. Nicht nur vor den Geschäften zu ebener Erde, wenn diese geschlossen sind. Nein, auch in den Wohnungen darüber. Und nicht nur im ersten Stock. Auch im zweiten. Und im Dritten. Und im Vierten (so wie bei uns). Und bei den ganz paranoiden auch noch höher. Ich weiß nicht, ob das hier wirklich so gefährdet ist. Aber ein mulmiges Gefühl macht es schon. Weniger weil ich befürchte, dass hier im vierten Stock wirklich jemand versuchen könnte einzusteigen. Mehr weil ich gar nicht weiß, wie man damit eigenlich im Brandfall umgehen soll. Es gibt nur ein Treppenhaus. Ein Fluchtweg über Balkon und Fenster müsste erst von der Feuerwehr aufgeschnitten werden. Alles ist fest verschraubt und eingemauert. Das ist wirklich wie im Gefängnis. Abends besonder, wenn es draußen dunkel ist. Dann werden die Gitter von innen so richtig angeschienen.
Ausweg: Bei nächsten nur noch 7. Stock und höher. So paranoid können auch die Argentinier nicht sein.




Soweit nun die Eindrücke der ersten Operationsfreien Tage. Damit ist jetzt erst einmal Schluss. Ab morgen wird wieder geschnippelt.


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